Einfach sein.

10. September 2021

So wie sich der Herbst langsam ankündigt und den schönen Sommer, den wir in Gedanken und Bildern noch bei uns tragen, leise ablöst, öffnen sich jetzt neue Möglichkeiten für ein kurzes Innehalten in all dem Chaos.
Das Leben ist so laut, bunt und schnell und gleichzeitig kostbar und kurz. Wir sind rund um die Uhr umgeben von Informationen, Wissen, Nichtwissen und Möglichkeiten, das Leben noch effektiver, noch schneller und noch besser zu machen.
Es lohnt sich aber das Alltagsbewusstsein immer wieder mal für einen kurzen oder langen Moment zu verlassen und inne zu halten. Unaufgeregt, leise … ganz mit sich allein.

Ich habe mich in der Sommerzeit immer wieder damit beschäftigt, wie es möglich sein könnte, aus dieser so fordernden Zeit in das eigene einfache Sein auszusteigen. In den sozialen Medien folgt ein guter Ratschlag auf den nächsten und parallel dazu schwindet aber innere Harmonie, wahre Zufriedenheit und Gelassenheit und werden zunehmend zu den größten Hürden unserer modernen Zeit. Obwohl man doch alles hat, was man braucht, scheint es unmöglich einfach mal zu sein.

Mir gelingt es gut, wenn ich mir vorstelle, alles Belastende, Überflüssige und Dinge, über die ich nur den Kopf schütteln kann, gedanklich in eine Schublade ablege und tief ein und aus atme. Eine Form von Reinigung, die ich ergänze mit bewussten Ritualen mir soweit möglich Wohlwollendes, Wohltuendes und Gutes zu gönnen. Ich versuche so oft es geht, einfach zu sein.

“Wir haben immer die Möglichkeit auszusuchen, womit wir unsere Zeit verbringen.”
Das klingt leichter gesagt als getan und auch mir ist es über viele Jahre nicht gelungen, diese Vorstellung zu erfüllen. Es müssen Kinder versorgt, Rechnungen bezahlt und Alltag bewältigt werden.
Das klappt natürlich nicht mit dem Zugang des einfachen Seins.
Aber mittlerweile gelingt es mir selbst bei Haushalts- oder Buchhaltungsarbeiten, die ich nicht besonders gerne mache, Momente zu finden, in denen ich bereits vor dem Erledigen spüre, wie schön es sein wird, es gemacht zu haben. Das beflügelt und bringt mich dazu, die Arbeiten mit Leichtigkeit zu erledigen.

Es wird immer etwas im Leben geben, das Verpflichtung beinhaltet, gemacht werden muss, auch wenn wir es nicht machen wollen oder wir uns nach dem Sinn fragen und nicht beantworten können, warum wir es tun sollten.

Ich kann mir immer aussuchen, wie ich an die Sache herangehe und mit den Jahren kommt auch die Erfahrung feststellen zu können, was Energie kostet und mich auslaugt oder was mich beflügelt, mir gut tut oder ein gutes Gefühl hinterlässt. Diese Dinge versuche ich häufiger in mein Leben zu bringen und Energieräubern gehe ich prinzipiell aus dem Weg. Letztendlich haben wir alle ein Bauchgefühl. Wenn wir tief graben, befördern wir es auch wieder an die Oberfläche und dürfen vertrauen.
Unsere Intuition zeigt uns ganz genau was für uns gut ist und was weniger.

Leider sind aus meiner Sicht sehr viele Menschen im Heute fremdgesteuert oder verlassen sich zunehmend auf die Meinungen, die sie über Social Media Kanäle erhalten oder über dubiose Zugänge und Foren, die sich (nicht-magnetisch und 5G-befreit) gegen alles und jeden verschwören. Das Motto lautet dann “wir machen einfach mit weil es cool ist andere zu gefährden und Menschen, die dringende Operationen brauchen scheuchen wir auf die Warteliste, weil wir die Intensivstation für uns gepachtet haben”.
Da fehlt es leider an einer gesunden und guten Intuition mit Rücksicht auf andere und das “einfache Sein” ist aus meiner Sicht dann ungesund egoistisch und nicht empfehlenswert.
Also ich könnte zumindest nicht “einfach sein” wenn ich weiß, ich gefährde durch meinen Zugang andere Menschen.

Vielleicht ist es aber gerade auch für diese Menschen besonders wichtig, sich einmal “rauszunehmen”, sich versteckten Ängsten zu stellen und heraus zu finden, warum man sich gedanken-los an nicht belegbare Gedanken anhängt und “einfach mit läuft”.

Nun, ich kann nur für mich entscheiden und meinen Weg gestalten und nehme mich immer öfter aus den genannten Kanälen heraus. Wie gut das tut!
Keine geposteten Bilder betrachten. Nein, die eigenen Bilder bestaunen.
Kein (neidischer) Blick auf das Leben anderer. Nein, das eigene Leben so gestalten, dass es gut zu beleben ist.
Keine Verunsicherung durch verschwommene Meinungen anderer. Nein, Fakten checken, Intuition dazu einladen und sich dann eine eigene Meinung bilden. Wenn es auch andere Menschen betrifft, mitmenschlich und mit Respekt anderen gegenüber Meinung und Vorgehensweise formen.
Nicht den einfachsten Weg wählen, weil er mich schneller ans Ziel bringt. Nein, auch Umwege führen (unter Umständen mit vielen neuen Perspektiven und dazu gewonnener Erfahrung) ans erhoffte Ziel.


Wenn gar nichts mehr geht: Jetzt erst Recht: Einfach sein.




Gabriella Erber